Skip to content

SWR-Journalist fordert Cosplay-Verbot auf der Leipziger Buchmesse

Der Journalist Carsten Otte fordert in einem Beitrag des SWR2 ein Ende der Cosplayer-Auftritte im Rahmen der Leipziger Buchmesse.

Unter dem Titel “Kein Ort für nackte Hasen” kritisiert der Kulturredakteur die parallel zur Buchmesse stattfindende Manga-Convention als unangemessen im Angesicht des Ernsts der dort ebenfalls präsentierten politischen Diskussionen und Bücher. Der “Messefasching” stehe im Kontrast zu Appellen für die die Meinungsfreiheit oder “berührende[n] Wortmeldungen von Schriftstellern, die unter Zensur und Zumutungen von diktatorischen Regimen zu leiden haben” und sei damit ein “Kipppunkt, der das Gesamtkonzept der Veranstaltung in Frage stellt”. Offensichtlich sieht Otte vor allem die in seinen Augen unzüchtigen Cosplayer der Manga-Convention als Problem an. Nicht selten würden minderjährige Cosplayer dort “Gefallen an pornographischen Posen finden”, weshalb der Journalist von den anderen Messebesuchern fordert, sie sollten “nicht nur verschämt zur Seite schauen, sondern einschreiten”. Er geht sogar noch weiter und verlangt, “die Kostümorgien” sollten “endlich von der Messe verbannt werden”. Stattdessen könnten sich die “nackten Hasen und grimmigen Ritter” zu einem anderen Termin in Leipzig zusammenfinden. Diese Forderungen begründet er mit der These, der “Massenauftritt von Comicfiguren mit Plüschtier unterm Arm” würde den Rest der Messe verhöhnen. Abschließend wirft der Autor den Cosplayern vor, kein Interesse an Literatur zu zeigen.

 

Der Beitrag von Herrn Otte rief wenig überraschend große Empörung hervor. Daher reichte der Redakteur eine Klarstellung in Form eines offenen Briefs an die Cosplayer nach. In diesem behauptet er, es sei nicht seine Absicht gewesen, Comics oder Mangas zu diffamieren und weist aufgekommene Sexismus-Vorwürfe von sich. Er wiederholt jedoch seine These, die Cosplayer passten nicht zur Leipziger Buchmesse und ihren Zielen und rückt auch nicht von seiner Verbots-Forderung ab. Des Weiteren streicht Otte verstärkt ein weiteres Argument heraus: Die Cosplayer würden den Besucherandrang stark befeuern und daher zu einer Überfüllung der Messe führen. Außerdem wähnt sich der Kulturredakteur mit seiner Haltung in einer schweigenden Masse von Ausstellern, Autoren und Besuchern, die sich nur schlicht nicht trauen würden, ihre eigene Meinung auszusprechen. Zuletzt kritisiert er verbale Ausfälle unter den Reaktionen auf seinen Beitrag.

Der Artikel “Kein Ort für nackte Hasen” schlägt überaus hohe Wellen. Auf Facebook meldet sich beispielsweise die Leipziger Buchmesse zu Wort. Der Veranstalter zeigt sich stolz auf die Heterogenität des Publikums und betont in diesem Kontext den Stellenwert der Manga-Comic-Con für die Messe. Überdies erlebe man ein “stetig zunehmende[s] Interesse der vielbesagten ‘klassischen’ Buchmesse- und MCC-Besucher an der jeweils anderen Veranstaltung”. In einem Facebook-Kommentar schließt sich die Frankfurter Buchmesse diesen Aussagen an und zitiert ihren Direktor Juergen Boos mit folgenden Worten aus dem Jahr 2016: “Die Cosplayer und die DCM sind der optisch auffälligste Teil der Frankfurter Buchmesse Community. Sie sind Leser und Gamer, die als Fans die Inhalte ihrer Lieblingsgeschichten weiterspinnen und leibhaftig ausleben. Eine größere Anerkennung für gute Inhalte gibt es kaum”.

Auch diverse andere Medien wie etwa MDR Sputnik kritisieren den Beitrag des SWR2. Sogar Margarete Stokowski nimmt sich in ihrer vielbeachteten und meistens stark feministisch gefärbten Kolumne auf Spiegel Online des Beitrags an und fordert “Get over it, Feuilleton”. Sie verknüpft antithetisch hinsichtlich Herrn Ottes Äußerungen das Auftreten der Cosplayer gar mit den politischen Inhalten der Messe : “Gerade weil es zurzeit im Politischen an vielen Orten um so grundlegende Dinge wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, die Freiheit der Kunst, Religionsfreiheit und körperliche Selbstbestimmung geht, dürfen wir nicht so tun, als seien diese Fragen getrennt von unserem sonstigen Alltag zu behandeln”. Die Cosplayer stünden somit auch “für die Freiheit, über die wir reden”.

Wenn ihr euch selbst ein Bild von dem ursprünglichen Beitrag von Carsten Otte machen wollt, findet ihr diesen hier zum nachlesen.