Skip to content

Special: Rumiko Takahashi – Prinzessin des Manga

Kürzlich wurde verraten, dass mittlerweile mehr als 200 Millionen Bände der Mangaka Rumiko Takahashi weltweit in Umlauf sind. Grund genug, auf ihr beeindruckendes Werk zurückzublicken …

Rumiko Takahashi ist eine der reichsten Privatpersonen Japans, ihr Jahresverdienst wird auf 2-3 Millionen Euro geschätzt. Dies kommt nicht von ungefähr: Sie gilt als erfolgreichste Manga-Zeichnerin der Welt und prägte das Medium entscheidend mit, weswegen sie auch als Prinzessin des Manga bezeichnet wird.

Alles begann am 10. Oktober 1957, als Rumiko Takahashi in der Präfektur Niigata in Japan das Licht der Welt erblickte. Ihre Kindheit verlief gewöhnlich, ihr Interesse an Manga war zunächst nicht nennenswert stärker ausgeprägt als bei anderen Jugendlichen. Noch zu Oberschulzeiten (an der Niigata Chuo-Oberschule) kam ihr nie in den Sinn, einmal professionelle Mangaka zu werden.

Dies sollte sich während ihres Studiums ändern, das Manga-Zeichnen wurde zu einem Hobby für sie. Während ihrer Zeit an der Frauenuniversität Nihon Joshi Daigaku besuchte sie für zwei Jahre die Mangaschule Gekiga Sonjuku unter Leitung von Kazuo Koike (u.a. Autor von «Lady Snowblood» und «Lone Wolf»). Ab 1976 veröffentlichte sie Kurzgeschichten in Manga-Form. Sie stand nun vor der Entscheidung, ob sie ihr Hobby zum Beruf machen oder stattdessen einen anderen Weg einschlagen sollte. Die Wahl für eine Karriere als Mangaka fiel ihr gewiss nicht leicht, versprach diese Tätigkeit doch eine unsichere Zukunft, weshalb auch ihre Eltern versuchten, sie von dieser Entscheidung abzubringen.

Der Shogakukan-Verlag zeigte Interesse an ihren Geschichten und bot Takahashi daher 1978 an, eine kurze Story für den Weekly Shounen Sunday zu schreiben. Die Zeichnerin nahm das Angebot an und veröffentlichte «Katte na Yatsura» (dt. «Diese egoistischen Außerirdischen»), ihre erste Berufsarbeit, die ihr den New Artist Award einbrachte. Das besagte Magazin sollte bis heute zu ihrer publizistischen Heimat werden, fast alle ihre großen Titel erschienen und erscheinen dort.

Der Preis ermöglichte es ihr, eine erste eigene Reihe zu starten und Takahashi entschloss sich, ihr Werk «Katte na Yatsura» fortzusetzen. Das Sequel – welches ab 1978 erschien – trägt den Namen «Urusei Yatsura» (dt. «Diese lästigen Außerirdischen») und avancierte zum ersten Mega-Erfolg der jungen Autorin. Die Reihe wurde unter anderem mit dem Shogakukan Award und dem Seiun Award ausgezeichnet, vor allem aber wurde ihr die Ehre einer Anime-Adaption zuteil. Die vom Studio Pierrot unter der Leitung des damals noch recht unbekannten Mamoru Oshii animierte Serie flimmerte ab dem 14. Oktober 1981 über die japanischen Mattbildschirme. Nach gut der Hälfte des Animes führte dann Studio Deen die Arbeit des Studios Pierrot fort und auch der Regisseur Mamoru Oshii wurde von Kazuo Yamazaki abgelöst.

In «Urusei Yatsura» geht es um einen vom Pech verfolgten jungen Mann, der von Invasoren dazu auserkoren wird, die Erde zu vertreten. Verliert er, so wird der Planet erobert. Ataru liegt herzlich wenig am Schicksal des Planeten und hat noch weniger Interesse daran, sein Leben aufs Spiel zu setzen. Seine Meinung ändert sich schlagartig, als er herausfindet, was er tun soll. Er muss die gutaussehende Tochter des Invasoren namens Lum berühren, um die Erde zu retten. Seiner verdorbenen Persönlichkeit wegen, hätte er dies wohl auch ohne Aufforderung getan. Am letzten Tag vor Ablauf der gesetzten Frist motiviert Shinobu, Atarus Freundin, ihn zusätzlich mit einem Eheversprechen für den Fall, dass er die Erde retten sollte. Nachdem er es wirklich schafft und sich lauthals über seine bevorstehende Hochzeitsnacht freut, kommt es zum Missverständnis zwischen ihm und Lum. Diese versteht nämlich einen Heiratsantrag, den sie auch sofort annimmt…

Im Jahr 1980 startete die Mangaka ihre zweite große Reihe: «Maison Ikkoku». Der Seinen-Titel erschien nicht wie alle anderen ihrer langen Geschichten im Shounen Sunday, sondern im Big Comic Spirits Magazin. Und auch inhaltlich hebt sich «Maison Ikkoku» von Takahashis sonstigem Werk ab. Im Gegensatz zu diesem gibt es hier nämlich keine übernatürlichen Elemente, einfach eine Romance ganz normaler Menschen, die trotzdem nicht weniger in ihren Bann zu ziehen vermag, nicht zuletzt auch wegen der gelungenen Charaktere, die teils eine erstaunliche Entwicklung durchmachen. Inspirationsquelle war für die Autorin ihre eigene Zeit als junge Erwachsene, geprägt vom Leben und arbeiten in einer kleinen Wohnung. Auch «Maison Ikkoku» erhielt eine Anime-Umsetzung, produziert vom Studio Deen, die zwischen 1986 und 1988 in ingesamt 96 Folgen ausgestrahlt wurde.

Das titelgebende Appartement Ikkoku wird unter anderem von dem neuzehnjährigen Godai bewohnt. Er ist ein klassischer Versagertyp; unsicher, unreif und er hat die Aufnahmeprüfung zur Universität nicht bestanden, sodass er nun ein weiteres Jahr als «Ronin» pauken muss. Seine Nachbarn sind nicht ganz unschuldig an seiner Situation, denn sie veranstalten beinahe jeden Tag ein Saufgelage in seinem Zimmer. Da wäre der Spanner Yotsuya, die freizügige Bardame Akemi und die ältere Hausfrau Ichinose. Eines Tages, als Godai wieder einmal sehr genervt von seinen Mitbewohnern ist und beschließt auszuziehen, bekommt das Ikokku eine neue Hausmeisterin: die hübsche Kyoko. Godai verliebt sich auf den ersten Blick in sie. Was die Sache kompliziert macht, ist die Tatsache, dass Kyoko bereits mit 22 Jahren verwitwet ist und ihrem verstorbenem Gatten immer noch nachtrauert. Werden Godai und Kyoko in diesen chaotischen Zuständen zueinander finden?

Neben ihren Long-Runnern brachte Takahashi auch mehrere kürzere Storys heraus, etwa ab 1984 den Titel «Mermaid Saga», mit dem sie sich stilistisch auf neues Terrain begibt. Sie verbindet hier die Erzählung menschlicher Schicksale mit Mythologie und Horror. Erwähnung finden sollen an dieser Stelle auch ihre Werke «Rumiko Theater», eine Sammlung von aus dem Leben gegriffenen Kurzgeschichten, und «One Pound Gospel». Im letzteren Manga wird, wie der Name schon erahnen lässt, das Christentum behandelt, es geht um die junge Nonne Angela, welche sich in den Boxer Kosaku verliebt und daher aufgrund ihres religiöses Lebensstils in einen Gewissenskonflikt gerät.

1987 entschloss sich die Autorin, ihre großen Werke «Urusei Yatsura» und «Maison Ikkoku» zu beenden. Im gleichen Jahr startete sie ihre dritte Hauptreihe «Ranma ½». Motivation dafür bot Takahashi auch ihr schon lange währendes Interesse am Kampfsport. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass sich zu dieser Zeit Kampfsport-Fighting-Shounen großer Beliebtheit erfreuten. Und dennoch gelang es «Ranma ½», sich von zeitgenössischen Werken abzuheben, etwa durch das Tomboy-Motiv, die ungewöhnlichen bis skurrilen Charaktere, den gelungenen Genre-Mix und vor allem den Humor, der oftmals parodistische, bisweilen ebenso subtil gesellschaftskritische Elemente aufweist.

Die Geschichte dreht sich um den Kampfsportler Ranma Saotome, der im Grunde ein ganz gewöhnlicher Junge ist. Wäre da nicht die Tatsache, dass er sich bei Berührung mit kaltem Wasser in ein Mädchen verwandelt! Aber nicht nur er, sondern auch auf seinem Vater Genma Saotome liegt der Fluch, sich bei Berührung mit kaltem Wasser zu verwandeln, jedoch in einen Panda. Dennoch hält dieser Fluch Genma nicht davon ab, seinen Sohn Ranma mit Akane Tendou zu verloben. Wie wird seine Beziehung zu Akane verlaufen? Wird er den Fluch loswerden?

«Ranma ½» wurde weltweit ein gewaltiger Erfolg und so lies auch eine Anime-Adaption nicht lange auf sich warten. Diese wurde vom Studio Deen animiert und erschien von 1989 bis 1993.

Nachdem Takahashi ihre bis dato erfolgreichste Serie «Ranma ½» im Jahr 1996 nach 38 Bänden beendete, wendete sie sich einem neuen großen Projekt zu, das den Erfolg von «Ranma ½» nahtlos fortführen sollte – etwa 2001 den Shogakukan Manga Award gewann – und bis heute der vielleicht bekannteste Titel der Mangaka ist: «Inu Yasha». Die Geschichte handelt von der 15-jährigen Kagome, ein modernes Mädchen, das nicht viel von Geistergeschichten hält. Doch eines Tages wird sie in einen verwunschenen Brunnen gezogen und landet im mittelalterlichen Japan. Dort trifft sie den Hundedämon Inu Yasha, der sie als Reinkarnation der Priesterin Kikyo erkennt. Ab sofort haben die beiden viele Abenteuer und interessante Konfrontationen zwischen mittelalterlicher und moderner Welt zu bestehen.

Im Vergleich zu Takahashis vorherigen großen Werken ist «Inu Yasha» ungewöhnlich düster und ernst, ein komödiantische Anteil ist zwar dennoch vorhanden, aber spürbar in den Hintergrund gerückt. Passend dazu führt die Zeichnerin mit Naraku erstmals einen wirklichen klassisch-bösen Antagonist ein. Wie schon in «Mermaid Saga» ist japanische Mythologie ein zentrales Element. Viele Motive entspringen tatsächlichen alten Sagen, andere dem Kopf der Zeichnerin. Vor diesem Hintergrund ist auch die Wahl der Sengoku-Epoche als Handlungszeit zu verstehen, sie bietet schlicht reichlich Stoff für Geister- und Dämonengeschichten. Wie Takahashi in einem Interview außerdem anmerkte, wirke Brutalität und Grausamkeit im Kontext dieser Epoche wesentlich sanfter als beispielsweise heute. Bei allen Unterschieden bleibt sich die Mangaka in einer Sache aber völlig treu: Wie gewohnt nimmt die Romantik einen gewichtigen Stellenwert ein.

Sunrise nahm sich des Stoffes an und veröffentlichte zwischen 2000 und 2004 eine 167-folgige Animeserie. Der vorlagegebenden Manga endete 2008 nach beeindruckenden 56 Bänden.

Seit 2009 arbeitet Takahashi an ihrer neuesten Reihe «Kyōkai no Rinne». Diese erhielt beim Studio Brain’s Base ebenfalls eine Anime-Fernsehserie in bisher zwei Staffeln, eine dritte wird im April 2017 starten. Auch «Kyōkai no Rinne» verkauft sich gut, wenngleich es nicht an die Erfolge von Takahashis vergangenen großen Reihen anknüpfen kann. In der Serie geht es um Sakura Mamiy, die als kleines Kind unter mysteriösen Umständen im Wald hinter dem Haus ihrer Großmutter verschwand. Sie kehrte heil und gesund nach Hause zurück, doch seitdem kann sie Geister sehen. Dabei wünscht man sich als Teenager eigentlich nichts mehr als von Geistern in Ruhe gelassen zu werden! Doch eines Tages erscheint der sonst immer durch Abwesenheit glänzende Klassenkamerad Rinne Rokudo in der Schule und er ist mehr als er auf dem ersten Blick scheint…

 

 

Inhaltlich fallen die Geschichten von Takahashi meistens durch die geschickte Kombination einer Vielzahl verschiedener Genres auf. Der Hauptgrund ihrer Popularität und des hohen Unterhaltungswertes sind aber wohl die einzigartigen, teils auch ziemlich abgedrehten Charaktere, die meist sehr menschlich und folglich nahbar sind und sich nicht in simplen Schwarz-Weiß-Schemata verfangen. Dies geht nicht zuletzt auch auf ihren alten Lehrmeister Kazuo Koike zurück, der immer wieder die Bedeutung gut ausgearbeiteter, interessanter Figuren betonte. Takahashis weibliche Charaktere sind starke Persönlichkeiten, die sich vom konservativen japanischen Frauenbild und geläufigen Stereotypen emanzipieren. Obgleich Romantik sich wie ein roter Faden durch ihr Werk zieht, entwickeln die Figuren meist erst nach und nach Gefühle füreinander, sind ständig miteinander uneins und auch Konkurrenz in der Liebe ist keine Seltenheit.

Rumiko Takahashi gilt als erste Frau, die im Shounen-Manga-Segment erfolgreich Fuß fassen konnte. Ihre Werke begeistern Jungen und Mädchen gleichermaßen und sind weltweit beliebt. Alle der im Artikel erwähnten Mangas ab «Maison Ikkoku» wurden auch in Deutschland veröffentlicht (bei «Rumiko Theater» allerdings nur die ersten zwei von ingesamt vier Bänden), allesamt beim Verlag Egmont Manga. Die TV-Serien zu «Ranma ½» und «Inu Yasha» liefen zeitweise täglich im hiesigen Fernsehprogramm.

 

Jetzt seid ihr gefragt: Welche von Rumiko Takahashis großen Serien gefällt euch am besten?

 

[poll id=”13″]

 

Quellen: ANN, rumicworld.de, imdb.com, furikan.com, diverse Wikipedia-Artikel, aniSearch (Inhaltsangaben)