Animes über Animes? Ja, die gibt es! Heute stellen wir euch zwei solcher Titel vor…
„Wie geht es eigentlich in einem Animationsstudio zu?“ – das dürften sich die meisten Anime-Fans wohl schon einmal gefragt haben. Mit etwas Glück erwischt man vielleicht eine Disc mit Making-Of-Clips als Bonusmaterial. Solche Extras sind bei deutschen Anime-Veröffentlichungen jedoch eher rar gesät. Zudem bleibt es hier oft bei einem kurzen Blick über die Schulter der Animatoren oder den Leuten im Compositing. Der wirkliche Alltag in einem Animationsstudio lässt sich hier meist nur erahnen.
Was läge bei dieser Neugierde wohl näher, als ein Anime, welcher sich einmal mit seinem eigenen Entstehungsprozess beschäftigt? Diesen Gedanken hatte anscheinend auch bereits so mancher Anime-Regisseur. Denn wir wollen euch in diesem Special zwei Titel vorstellen, in dem die Arbeit in einem Animationsstudio (mit einer Prise Humor) etwas näher beleuchtet wird.
Wir beginnen mit einem Anime, der wegen seines fortgeschrittenen Alters wohl nur wenigen deutschen Fans bekannt sein dürfte: «Animation Runner Kuromi». Genauer gesagt handelt es sich hierbei um zwei OVAs aus den Jahren 2001 und 2004. Diese wurden im Studio Yumeta Company unter der Regie von Akitaro Daichi produziert.
Darum geht es:
Die OVAs handeln von der jungen Mikiko Oguro, welche gerade erst frisch von der Animationsakademie kommt. Aufgrund ihres Lieblingsanimes «Luis Monde III.» verfolgt sie den Traum, selbst einmal solche Serien zu produzieren. An ihrem ersten Arbeitstag im kleinen Studio Petit erwartet sie jedoch eine böse Überraschung: Der gesundheitlich angeschlagene Produktionsleiter überlässt dem Neuling kurzerhand die Verantwortung über die Produktion einer kompletten Anime-Episode!
Wäre dies nicht schon genug für die Protagonistin mit dem neuen Spitznamen „Kuromi“, so hängt auch noch der Zeitplan gewaltig hinterher. Nun muss sie es irgendwie schaffen, die verschrobenen Animatoren zur rechtzeitigen Fertigstellung der Episode anzuspornen…
Wie realistisch sind die OVAs?
Bei der ersten OVA handelt es sich vorrangig um eine Komödie, in der vieles im Dienste des Humors überspitzt dargestellt wird. Mit Erklärungen zu den gezeigten Vorgängen wird in den OVAs eher sparsam umgegangen. Hier kann ein gewisses Grundverständnis von Animation vorab hilfreich sein. Auch thematisiert «Animation Runner Kuromi» fast ausschließlich die Abläufe im eigentlichen Animationsstudio. Arbeitsschritte wie das Compositing und die Synchronisation werden hier nicht dargestellt.
Dennoch haben die Produzenten in dem Titel auch ihre eigenen Erfahrungen in der Anime-Industrie eingearbeitet. Vor allem die zweite OVA schlägt etwas ernstere Töne an. Hier geht es vor allem um den Kompromiss zwischen Qualität und Einhaltung der Deadline. So hält unter anderem der fiktive Antagonist Rei Takashimadaira Einzug, dessen Charakter von realen Personen inspiriert wurde.
Insgesamt stellt «Animation Runner Kuromi» also eher eine Parodie dar, welche jedoch mit Erfahrungen aus der echten Anime-Produktion angereichert wurde. Dass hier nicht unbedingt weiter ins Detail gegangen wurde, dürfte auch der eher kurzen Laufzeit geschuldet sein.
Wo kann ich mir die OVAs ansehen?
Beide OVAs sind mit deutscher Synchronisation bei Anime House auf DVD erschienen. Diese sind unter anderem bei Amazon erhältlich:
Der zweite Anime, den wir euch heute vorstellen wollen, ist «Shirobako». Dieser ist zwar ein gutes Stück bekannter als «Animation Runner Kuromi», fristet in Deutschland jedoch immer noch eine Art Schattendasein – zu Unrecht! Produziert wurde die 24-teilige Serie im Studio P.A.Works im Jahr 2014. Tsutomu Mizushima führte dabei die Regie. 2020 folgte zusätzlich ein Sequel-Film unter dem selben Team.
Darum geht es:
Die Serie handelt von fünf Freundinnen und ihrer Liebe zum Anime. Bereits in der Oberschule sind Aoi, Midori, Shizuka, Misa und Ema als Mitglieder eines Animationsclubs tätig. Dort produzieren sie selbst – mit viel Hingabe und Fleiß – ihren ersten kurzen Anime und schwören sich, dieses Hobby in Zukunft zu ihrem Beruf werden zu lassen.
Zwei Jahre später haben es zwei der Freundinnen tatsächlich geschafft und sind endlich in der Animeindustrie tätig. Schnell stellt sich heraus, dass die Wahrheit im Animationsbusiness um Einiges stressiger aussieht, als es in den Wunschvorstellungen den Anschein hatte. Für Aoi und Ema folgt im Beruf eine Herausforderung auf die andere, welche sie unter großem Zeitdruck stemmen müssen. Den anderen Freundinnen steht bis zum Einstieg ins Anime-Business ein steiniger Weg bevor, der vor allem bei Misa und Shizuka Zukunftsfragen aufwirft.
Werden alle fünf wieder zusammentreffen können, um den Wunsch nach einem eigenen, professionellen Anime zu erfüllen?
Wie realistisch ist die Serie?
Während «Animation Runner Kuromi» vor allem das Zeichnen der sogenannten Keyframes zeigte, deckt «Shirobako» eine viel breitere Palette an Tätigkeiten in der Anime-Produktion ab. Über den Lizenzierungsprozess, das Erstellen der Character Designs und Storyboards, die Animationen, die Hintergründe, das Compositing und die Synchronisation ist alles dabei. Selbst unbekanntere Tätigkeiten, wie die des Geräuschemachers, werden hier angeschnitten.
Natürlich wird die Handlung des Animes stellenweise durch etwas Dramaturgie aufgepeppt. Dennoch werden dafür vor allem auch reale Hürden in der Anime-Produktion verwendet. Insgesamt bietet «Shirobako» damit einen durchaus authentischen Blick hinter die Kulissen eines Animationsstudios. So mag zwar vielleicht nicht jedes Detail der Realität entsprechen, dennoch bekommt man hier in sehr unterhaltender Weise dargelegt, welche Schritte hinter der Entstehung eines Animes stecken.
Übrigens: Viele der Charaktere in «Shirobako» basieren auf echten Personen, die in der Anime-Produktion tätig sind. So basiert der Charakter Seiji Kinoshita beispielsweise auf dem echten Anime-Regisseur Seiji Mizushima. Nachdem man einige Interviews mit ihm gesehen hat, kommt durchaus der Eindruck auf, dass dieser nicht nur optisch, sondern auch für die Persönlichkeit seines Anime-Doppelgängers Pate gestanden hat. Hier seht ihr Vergleichsbilder zwischen weiteren Figuren aus der Serie und ihren realen Pendants:
Wo kann ich mir die Serie ansehen?
«Shirobako» ist bei KSM Anime mit deutscher Synchronisation in sechs Volumes auf DVD und Blu-ray erschienen. Zudem ist die komplette Serie bei TV Now verfügbar.
