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So wurde «One Piece» zensiert

RTL2 setzte bei vielen Animes kräftig die Schere an. Auch «One Piece» blieb davon leider nicht verschont, wie wir im Folgenden aufzeigen wollen.

 

Geschichtliches

Der Erfolgs-Anime «One Piece» feierte am 22. April 2003 seine Deutschlandpremiere bei RTL2. Schon damals wurde die Serie hierzulande zensiert. Hauptgrund war zweifellos die Programm-Platzierung der Serie: Obwohl sich «One Piece» eigentlich an Jugendliche richtet, strahlte der Sender den Anime bei uns im Kinderprogramm aus und visierte damit unter anderem auch Grundschüler als Zielgruppe an. Daher war man der Ansicht, die Produktion kindgerecht «entschärfen» zu müssen. Hintergründig spielten für die Schnitte aber wohl auch die Amokläufe zu Beginn dieses Jahrtausends, allen voran der Amoklauf von Erfurt, eine Rolle. Bei diesem wurden an einer Schule 16 Menschen erschossen. Die grausame Tat wurde von Zeitungen und Politikern vielfach mit jugendkulturellen Medien in Verbindung gebracht und in Folge dessen unter anderem das Jugendschutzgesetz verschärft. Die zweifelhafte öffentliche Debatte konzentrierte sich insbesondere auf sogenannte «Killerspiele», aber auch das Anime-Programm blieb davon nicht gänzlich verschont. Aufgrund der aufgeladenen Stimmung und mehrere Beschwerden wollten die Verantwortlichen von RTL2 Gewalt und ähnliche Elemente aus ihren Sendungen vermehrt verbannen und darunter fiel natürlich auch «One Piece». Der pädagogische Sinn solcher Maßnahmen ist mehr als anzuzweifeln. Es gibt im Gegenteil sogar wissenschaftliche Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass übertrieben verniedlichte Gewaltdarstellungen o.ä. einen kontraproduktiven Effekt haben und Kinder verstärkt aggressiv machen, aber das nur am Rande.

Die Folgen wurden bemerkenswerterweise allesamt ungeschnitten synchronisiert, erst im Nachhinein für die Ausstrahlung setzte RTL2 den Rotstift an. Allerdings betraf die Zensur natürlich nicht nur das Bildmaterial, auch Dialoge wurden umgeschrieben. Dies war bei «One Piece» besonders stark ab Folge 263 zu beobachten, seit dem Wechsel zu Tele 5 ab Episode 315 entspannte sich die Situation in der Hinsicht wieder deutlich.

Bei VIVA wurde der Anime seit 2011 ungeschnitten ausgestrahlt. Mittlerweile zeigt ProSieben MAXX die Serie und lokalisierte bereits eine Reihe von neuen Folgen. Diese werden ungeschnitten gezeigt und auch Entschärfungen im Dialogbuch gehören glücklicherweise weitestgehend, wenngleich vielleicht nicht vollständig, der Vergangenheit an.

 

Dialogzensur

Die Dialogzensur folgte ganz dem Credo, gewaltbehaftete Begriffe und Dialoge zu ersetzen. So wurden Wörter wie «Tod», «gestorben» oder «schwer verletzt» ausgetauscht und daraus Ausdrücke wie «verschwunden», «verschleppt», «eine kleine Reise antreten», «weggelaufen» oder «nicht so gut» gemacht, was in Teilen ziemlich absurde Züge annahm. Besonders dramatisch waren diese Maßnahmen wie bereits erwähnt in Staffel 6 (Episode 263-314). Hierbei wurde auch nicht darauf geachtet, ob die Handlung so überhaupt noch Sinn macht oder Continuity-Fehler entstanden. RTL2 gab den Synchronsprechern sogar Anweisungen, sich in bestimmten Stellen mit den Emotionen zurückzuhalten, um dem Anime so an Dramatik zu nehmen.

 

Bildzensur

RTL2 setzte von Anfang an die Schere an und nahm Schnitte und Retuschen vor, um Blut und Gewalt zu kaschieren. Hierbei verzichtete der Sender auf eine Einreichung der Episoden bei einer amtlichen Prüfstelle. Aus Erfahrungen mit anderen Animes, bei denen solche Prüfungen vorgenommen wurden, kann man aber vermuten, dass die Zensur an den meisten Stellen überhaupt nicht nötig gewesen wäre, um eine Freigabe für das Mittagsprogramm zu erhalten.

Bis heute werden bei «One Piece» die Eyecatcher (Szene unmittelbar vor und nach der Werbung der japanischen Ausstrahlung) entfernt. Ob man dies bedauert, ist eine andere Frage, es wäre aber wohl übertrieben, hier von Zensur zu sprechen, zumal die deutsche Werbeunterbrechung ohnehin für gewöhnlich an anderer Stelle erfolgt.

 

Zensur in den USA

Die USA haben sich in der Vergangenheit schon mehrfach durch eine unrühmliche, exzessive Anime-Zensur ausgezeichnet, die ihres Gleichen sucht. Allen voran die Fassung von 4Kids stellt alles in den Schatten, was etwa RTL2 in Deutschland an «One Piece» vornahm. Vieles ist so absurd, dass es für Aussenstehende manchmal schon wieder witzig ist. Im Folgenden daher einfach ein Paar Bilder der US-Version (links ist jeweils das Original, rechts die amerikanische Fassung abgebildet):

Zum Abschluss noch ein kleiner Video-Ausschnitt, der verdeutlicht, dass auch der Inhalt durch die Eingriffe von 4Kids stark leidet.
>> «One Piece»-Zensur-Video auf YouTube

 

Quellen: Wikipedia, OPwiki, Anime2You