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Serientipp der Woche: «Mugen no Ryvius»

Diesen Sonntag präsentieren wir euch mit «Mugen no Ryvius» eine Serie, die sich anlehnt an einen nobelpreisprämierten Klassiker der Weltliteratur und dennoch in hervorragender Art und Weise eigene Wege beschreitet.

Im Jahre 1954 veröffentlichte der Schriftsteller William Golding den Roman «Herr der Fliegen». Das Buch avancierte schnell zu einem, wenngleich seinerzeit heftig umstrittenen, Kultwerk und so kam es schließlich, dass sein Autor 1983 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde.

Seither wurde die Schrift vielfach adaptiert, die wohl beste Umsetzung gelang jedoch dem Studio Sunrise, welches zwischen Oktober 1999 und März 2000 eine 26-teilige Animeadaption unter dem Namen «Mugen no Ryvius» anfertigte. Als Regisseur fungierte Gorō Taniguchi. Das Drehbuch schrieben Yōsuke Kuroda und Yūichirō Takeda nach einer Idee von Hajime Yatate. Hisashi Hirai entwarf das Charakterdesign und Shigemi Ikeda übernahm die künstlerische Leitung. Bei dem Anime handelt es sich um keine werkgetreue Umsetzung, so wurde etwa im Gegensatz zur Buchvorlage ein Sci-Fi-Setting gewählt und auch sonst bewahrt «Mugen no Ryvius» ein großes Maß an Eigenständigkeit. Während man sich bei anderen Adaptionen jedoch häufig eine stärkere Orientierung an der Vorlage gewünscht hätte, gingen die Verantwortlichen hier virtuos mit der eigenen künstlerischen Freiheit um und erschufen so eine sehr gelungene eigene Interpretation des Stoffs.

Bis heute hat es der Anime leider nicht offiziell nach Deutschland geschafft.

 

Darum geht es in «Mugen no Ryvius»:

Wir schreiben das Jahr 2225. Die Menschheit hat inzwischen fast das ganze Sonnensystem besiedelt, ausgelöst durch das Auftreten von Geduld, einem See aus Plasma im Weltall, der durch seinen Druck alles zerstört, was zu tief in ihn eintaucht.
Kouji Aiba tritt gemeinsam mit seinem Bruder Yuuki und seiner Kindheitsfreundin Aoi eine Ausbildung zum Level 2 Piloten auf der Raumstation Liebe Delta an. Während eines Tauchversuchs in Geduld sabotieren unbekannte Terroristen die Maschinen und töten die Erwachsenen an Bord der Raumstation. Die Schüler sind nun auf sich allein gestellt und versuchen der Zerstörung durch Geduld, sowie der Verfolgung durch die Terroristen zu entgehen.

 

Handlung:

Im Grunde haben wir es mit einer Gesellschaftsstudie zu tun. Einige hundert Jugendliche sind auf ein Raumschiff gesperrt. Alle Erwachsenen an Bord wurden bei einem terroristischen Akt getötet. Nun sind die jungen Leute auf sich allein gestellt und werden zu allem auch noch angegriffen. Im Zentrum steht aber keineswegs der Kampf gegen den äußeren Feind, nein die Jugendlichen selbst stehen im Fokus. Nachdem die soziale Situation anfangs noch recht stabil scheint, treten mehr und mehr Hass, Neid, Missgunst, Verzweiflung und Ungeduld zu Tage. Es beginnt ein sozialer und moralischer Zerfallsprozess, bis die Lage schlussendlich völlig zu eskalieren droht. Es ist nur sehr eingeschränkt möglich, die Story in Worte zu fassen. Am ehesten könnte man wohl von einer wendungsreichen Geschichte sprechen, welche die gesellschaftliche Entwicklung und Dynamik unter Extrembedingungen porträtiert. Wie bei den Worten vielleicht schon durchschimmert, handelt es sich keineswegs um eine fröhliche Serie, die Grundstimmung ist recht bedrückend, gerade gegen Ende hin. Das will aber nicht heißen, dass «Mugen no Ryvius» nicht vielfältig oder gar nur ein mäßig unterhaltendes philosophisches Gedankenspiel wäre. Im Gegenteil ist der Anime überaus mitreißend, spannend und auch Romance, Mystery und in kleinen Dosen sogar Comedy zeichnen die Serie aus, sind doch menschliche Emotionen das zentrale Motiv der Serie.

 

Charaktere:

Die Charaktere sind ohne jeden Zweifel eine der größten Stärken des Animes. Mit rund 15 Protagonisten ist der Cast riesig, im Gegensatz zu manch anderen Serien aber keineswegs überladen. Jede Figur hat ihre ganz individuellen Probleme, Ängste, Hoffnungen, Einstellungen et cetera. Vom typischen Mitläufer über den Idealisten oder Aufrührer bis hin zum Pessimisten, alles ist vertreten. Die Entwicklung der Charaktere kann nur als absolut herausragend bezeichnet werden, nur seltenst habe ich in der Hinsicht einen Film oder eine Serie von von ähnlicher Güte gesehen. Personen, die man am Anfang für stark hielt, zerbrechen völlig unter der psychischen Belastung, andere tun sich überraschend hervor. Es gibt keine klassischen Helden, kein simplifizierendes Gut und Böse, denn die Charaktere sind ein Art Spiegelbild der realen Gesellschaft und im metaphorischen Sinne eine psychologische Studie des Spezies Mensch mit all ihren Schwächen im Ganzen. Nichtsdestoweniger ist das Verhalten der Figuren stets realistisch und nachvollziehbar. Dazu trägt natürlich auch bei, dass der Anime sich viel Zeit nimmt, um das Innenleben der Figuren ausführlich zu beleuchten. Man bekommt ein wahres Wechselbad der Gefühle präsentiert.

 

Musik:

Im Gegensatz zu anderen Sci-Fi-Animes setzt «Mugen no Ryvius» nicht vorwiegend auf klassische Orchesterstücke. Immer wieder sind zwar auch Violinen zu vernehmen, es dominieren jedoch Hip-Hop und elektronische Klänge; auch J-Pop ist immer wieder zu hören. Die unkonventionelle Mixtur hat mir sehr gefallen und ist atmosphärisch ebenso überzeugend. Vom Opening «dis-» war ich sehr angetan, beim Ending «Yume o Sugitemo» – ebenfalls eingesungen von Mika Arisaka – handelt es sich um eine solide, aber meines Erachtens nicht herausragende Ballade.

>> Opening
>> Ending

 

Bild:

Die Bebilderung ist in Anbetracht des Alters mehr als ansehnlich. Inhaltlich stimmig bekommt man kein Farbfeuerwerk geboten, sondern gedeckte Töne. Auch die Charakterdesigns sind recht realistisch und schlicht gehalten. Die Hintergründe haben die nötige Detailtiefe und an den Animationen wurde nicht gespart, sie laufen sehr flüssig über den Bildschirm. Jedoch ist die Serie natürlich trotzdem schon recht alt, Grafik-Puristen könnten sich vielleicht daran stören. Die im Folgenden abgebildeten Screenshots vermitteln einen ganz guten Eindruck von der Optik. Hiervon sollte sich aber niemand abschrecken lassen, schließlich übertünchen dies der Inhalt und die großartigen Charaktere mühelos.

 

 

Fazit:

«Mugen no Ryvius» ist ein Anime, wie es keinen Zweiten gibt. In loser Anlehnung an das literarische Meisterwerk von William Golding verfolgt die Serie die Dynamik einer Gesellschaft unter extremen Bedingungen und all die menschlichen Abgründe, die sich hierbei hervortun. Die Handlung ist spannend und einzigartig, der Cast von enormer Tiefe. Die gelungene musikalische Untermalung die auch in heutigen Zeiten noch ansehnlichen Zeichnungen und Animationen runden das überaus positive Gesamtbild ab. Zusammengefasst ist «Mugen no Ryvius» ein Must-See für jeden Fan tiefgründiger Anime-Unterhaltung und auch für Anime-Neulinge mit grundsätzlichem Interesse am Stoff sehr zu empfehlen.

 

Quelle: Wikipedia, aniSearch (Inhaltsangabe)