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Serientipp der Woche: «Kino’s Journey»

Diesen Sonntag stellen wir euch mit «Kino’s Journey» eine Perle der gehobenen Anime-Unterhaltung vor, die zugleich fasziniert und zum Nachdenken anregt.

Die 13-teilige Serie entstand 2003 und basiert auf einer Light Novel. Seinerzeit wurde sie von ADV Films Germany lizenziert und bei uns auf DVD veröffentlicht. Das Unternehmen wurde bekanntermaßen aufgelöst, einige Exemplare von «Kino’s Journey» sind allerdings nach wie vor im Internet erhältlich.

 

Darum geht es in «Kino’s Journey»:

Man sagt: Immer wenn Menschen Vögel durch die Lüfte fliegen sehen, bekommen sie das Bedürfnis auf eine Reise zu gehen. «Kino’s Journey» basiert auf einer Serie von Kurzgeschichten, welche von den Erlebnissen der Reisenden Kino und ihres sprechenden Motorrads Hermes handelt. Auf ihren Wegen durch die Länder ihrer Welt treffen die beiden auf unzählige Personen, welche allesamt mit den unterschiedlichsten Problemen in ihrem jeweiligem Land zu kämpfen haben.
Das Treffen mit den Reisenden, welche die Rolle zweier kommentierender Beobachter übernehmen, ist für diese Menschen meist ein einschneidendes Erlebnis in ihrem Leben. Trotz seines Daseins als ein sprechendes Motorrad fungiert Hermes hierbei als ein überraschend intelligenter und tiefsinniger Gesprächspartner Kinos, welche wiederum ein nahezu geschlechtsneutrales und damit übertragbares und allgemeingültiges Auftreten an den Tag legt.

 

Handlung:

Wie der Zuschauer schnell bemerkt, trieft der Titelzusatz «The Beautiful World» geradezu vor Dialektik. Zum einen hat der Anime in der Tat etwas Märchenhaftes und Bezauberndes. Andererseits ist die Welt voller Missstände und Brutalität. Schonungslos werden die Abgründe des Menschen offengelegt, sodass dem Titelzusatz auch eine leicht zynische Note anhaftet und überdies klar wird, dass der Zauber nicht unbedingt im Vollkommenen liegt. Die Serie ist episodisch gehalten. Kino reist mit ihrem Begleiter Hermes von Land zu Land und lernt so zahlreiche Gesellschaftsmodelle und Menschen kennen. Im Grunde ist der Anime eine Aneinanderreihung von Parabeln zu allerhand interessanten und philosophischen Themen, mit einem klaren Fokus auf anthropologischen Fragestellungen und die Ergründung des menschlichen Wesens. Trotzdem verzichtet «Kino’s Journey» darauf, den Zuschauer zu belehren oder Lösungen der Probleme anzubieten. Man selbst ist also gefragt, die Eindrücke zu verarbeiten und darüber nachzudenken, wie man das Gesehene beurteilen und welche Schlüsse man daraus ziehen will.

 

Charaktere:

Die Protagonistin Kino ist eine sehr gelungene Hauptfigur, obwohl sie sich aufgrund ihrer handlungsbedingten Persönlichkeit nur schwerlich zur Identifikation eignet. Sie ist still, ausgeglichen und reagiert auf das, was sie auf Reisen sieht und erfährt – so grausam es auch sein mag – mit kalter Distanz, durch und durch desillusioniert und pragmatisch. Das korrespondiert perfekt mit der Erzählweise des Animes, der seine Botschaften nicht mit dem moralischen Holzhammer vermitteln will, sondern es dem Zuschauer überlasst, die Geschehnisse einzuordnen.
Ihr Begleiter, das sprechende Motorrad Hermes, ähnelt Kino charakterlich und kommentiert sporadisch auf dezent zynische Art und Weise das Erlebte. Die gelegentlichen Gespräche der beiden bringen einige überaus interessante und tiefsinnige Dialoge hervor.
Da Kino und Hermes die Rolle von Beobachtern einnehmen und ihr eigenes Handeln nicht im Zentrum steht, darf man keine große Charakterentwicklung erwarten und es gibt auch keinen Grund diese zu vermissen – schließlich ergibt sich dies aus dem Konzept der Serie.

 

Musik:

Der Atmosphäre der Serie angemessen ist der Soundtrack ruhig und unauffällig gehalten. Gleichwohl sind die Stücke stets angemessen gewählt und wissen durchaus zu gefallen. Sowohl das Opening als gerade auch das Ending sind meines Erachtens hervorragend – sie sind unkonventionell, sehr stimmungsvoll und passen genau zum Stil und Inhalt des Animes.

>> Opening
>> Ending

 

Bild:

Man sieht dem Anime leicht an, dass er schon einige Jahre auf dem Buckel hat und seinerzeit kein Riesenbudget in die Produktion geflossen sein kann. Entsprechend fallen die Figuren und insbesondere die Hintergründe recht schlicht aus. Nichtsdestoweniger hat mir «Kino’s Journey» auch in optischer Hinsicht gut gefallen. Warum? Der Zeichenstil hat etwas von alten Kinderbüchern, die Figuren wirken äußerlich bisweilen ein wenig wie Puppen, was einen ganz eigenen Charme entfaltet. Zudem die Kreativität hervorzuheben, die bei bestimmten Szenen immer wieder durchscheint, sei es beim Schnitt, den Kameraeinstellungen oder der Bildkomposition. Zudem fand ich die gedeckte Farbgestaltung sehr atmosphärisch.

 

Fazit:

«Kino’s Journey» ist sicher nichts für jeden. Der Anime kann recht bedrückend sein und will nachdenklich machen. Wer also seichte Unterhaltung, Comedy, Romance, Action et cetera sucht, ist hier fehl am Platz. Wer allerdings Werke wie etwa «Serial Experiments Lain» wertschätzt, sollte sich diese tiefsinnige und überaus atmosphärische Genre-Perle keinesfalls entgehen lassen.

 

Quelle: aniSearch (Inhaltsangabe)