Skip to content

7 Dinge, die in Animes falsch dargestellt werden

Animes sind keine Eins-zu-Eins-Darstellung der japanischen Realität. Das allein dürfte nur die wenigsten überraschen. Aber folgende Dinge habt ihr vielleicht noch nicht gewusst …

Viele Aspekte sind mehr oder minder selbstverständlich, etwa das die Japaner nicht in Massen bunte Haare tragen. Deswegen habe ich solche Fakten auch nicht in den Artikel mit aufgenommen und versucht, mich auf Dinge zu beschränken, die vielen oder zumindest einigen neu sein dürften.

 

1. Japanische Schuluniformen sehen in Wirklichkeit oft anders aus

Jeder kennt sie, die japanische Schulkleidung, die nachweislich auch auf alte preußische Uniformen zurückgeht. Während das männliche Kleidungsstück, der Gakuran, in der Tat im japanischen Schulalltag kein ungewöhnlicher Anblick ist, sieht das beim weiblichen Gegenpart, dem Sailorfuku, schon anders aus. Auch dieser ist im Land der aufgehenden Sonne durchaus anzutreffen, jedoch mehr und mehr auf dem Rückzug. Gerade das Oberteil weicht mittlerweile häufig einem Blazer. Ebenso sind extrem kurz gehaltene Röcke eher ungewöhnlich. Am größten ist die Abweichung in der Realität allerdings bei der Schwimm- und Sportkleidung. Die Bloomers waren in der Vergangenheit die Regel, diese Zeiten sind aber längst vorbei und heute würden viele Schülerinnern dieses Kleidungsstück als peinlich empfinden. Bereits vor der Jahrtausendwende wurden die Bloomers weitestgehend aus dem japanischen Schulalltag verbannt. Die marineblauen Einteiler-Schwimmanzüge, genannt Sukumizu, sind zumindest in der in Animes üblichen Form nicht mehr anzutreffen und sehen heute in Sachen Schnitt etc. ziemlich anders aus.

 

2. Anime-Charaktere reden nicht wie normale Japaner

Die Sprechweise, die Figuren aus Animes an den Tag legen, weicht in mehrerlei Hinsicht von der Alltagssprache ab. Das fängt schon damit an, dass das sehr laute Reden bis Schreien mancher Charaktere etwa in Klassenräumen der Realität eines im internationalen Vergleichs doch eher zurückhaltenden Auftretens entgegensteht. Aber auch in der konkreten Wortwahl fallen Unterschiede auf. So wird nach dem Kindergarten nahezu keine Japanerin in der dritten Person von sich sprechen und das damit verbundene Burikko-Verhalten (gekünstelt-kindliches Verhalten von Frauen) ist im Alltag recht ungewöhnlich. Ebenso gilt es als gemeinhin unter Personen außerhalb des Kindesalters als unangemessen, Endungen wie -Chan oder -Dono zu benutzen oder Begriffe wie One-chan bzw. Onii-san zu gebrauchen, um nur eine kleine Auswahl zu nennen.

 

3. Ausländer sind gar kein so seltener Anblick

Es stimmt, Japan ist ethnisch nach wie vor eine sehr homogene Gesellschaft, im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Ländern setzt man zur Bewältigung des demographischen Wandels nicht auf Einwanderung sondern etwa auf Robotisierung. Dennoch liegt der Ausländeranteil bei immerhin rund zwei Prozent. Es ist daher gar nicht so selten, in Japan auf Migranten (auch solche von außerhalb des chinesisch geprägten Kulturraums) zu treffen, gerade natürlich in Metropolen wie Tokyo, wo Ausländer längst ein völlig alltäglicher Anblick geworden sind. Aber auch in Kleinstädten wird man früher oder später Einwanderern über den Weg laufen.

 

4. Onsen sind bei jungen Menschen gar nicht so beliebt

Onsen sind aus der japanischen Kultur nicht wegzudenken, aber die Darstellung in Animes, wo Jugendliche einem gemeinsamen Besuch dort oftmals regelrecht entgegenfiebern, hat mit der Realität trotzdem nicht viel zu tun. Im Gegenteil wird man in den heißen Quellen vorwiegend älteren Menschen begegnen, manchmal in Begleitung eines kleinen Kindes, Teenager sind aber ein vergleichsweise seltener Anblick.

 

5. Viele Schuldächer sind gar nicht zugänglich

Es gibt wohl kaum einen Schulanime, in dem die Protagonisten nicht so einige Zeit auf dem flachen Dach des Schulgebäudes verbringen und dort ihr Bento konsumieren oder ihrem Schwarm die Liebe gestehen. Aber in der japanischen Schulwirklichkeit ist dies vielfach gar nicht möglich. Denn die Dächer sind in der Regel gut verschlossen und mit Zutrittsverboten belegt. Für die entsprechenden Aktivitäten muss man sich an den meisten Schulen also wohl oder übel einen anderen Ort aussuchen.

 

6. Öffentliches Küssen ist ungewöhnlich

Wie bereits oben erwähnt, gelten Japaner in der Öffentlichkeit eher als zurückhaltend und auf die Wahrung ihres Gesichts bedacht. Somit kann es nicht verwundern, dass öffentliches Händchenhalten, Umarmen oder Küssen nur selten beobachtbar ist, man beschränkt solches Verhalten für gewöhnlich auf den privaten Bereich. Allerdings spielt in dieser Hinsicht wohl auch eine Rolle, dass Japan schon fast als asexuelle Gesellschaft bezeichnet werden kann. Die Fertilitätsrate Japans ist eine der niedrigsten weltweit, sodass die Bevölkerung sukzessive schrumpft. Nach Studien haben über 40% der Männer und Frauen noch nie Geschlechtsverkehr gehabt und auch das Interesse an Beziehungen ist wenig ausgeprägt, sodass im Land der aufgehenden Sonne mit Sōshoku Danshi sogar ein eigener Begriff für einen Teilaspekt des Phänomens Einzug gefunden hat. Der Ausdruck bedeutet übersetzt «Pflanzenfresser-Mann» und bezeichnet vorwiegend Männer, die trotz gelungener Berufskarriere in Sachen Liebe und Sexualität wenig Erfolg haben beziehungsweise in der Hinsicht wenig Aufwand eingehen oder Interesse haben. Vor diesem Hintergrund wirkt es bisweilen fast so, als würden die unzähligen idealisierten Romance-Animes die jungen Japaner erziehen wollen oder zumindest eine demographisch vielversprechendere Utopie präsentieren.

 

7. Niemand bezeichnet sich selbst als «Otaku»

Dies ist ein zugegeben etwas aus der Reihe fallender Unterpunkt, da hier mehr die westliche Verwendung des Wortes und weniger die Präsentation in Animes der japanischen Wirklichkeit entgegensteht. Dennoch möchte ich ihn mit anführen. Denn in unseren Breiten bezeichnen sich viele Anime- und Mangafans als «Otaku» und entsprechend ist der Begriff eher positiv besetzt. Würde man aber in Japan Urlaub machen und sich dort stolz als «Otaku» vorstellen, würde man mindestens verdutzte Blicke ernten. Schließlich hat die Bezeichnung dort eine ganz andere Konnotation. Sie beschränkt sich nicht nur auf popkulturelle Phänomene, sondern bezeichnet allgemeiner Fans, die ein großes Maß an Zeit und Geld für eine bestimmte Leidenschaft aufwenden und ihr mit großer Neigung nachgehen. Das Wort ist also im Ansatz zumindest halbwegs mit den englischen Ausdrücken Nerd oder Geek vergleichbar. Aus diversen Gründen ist «Otaku» in Japan ein ziemlich negativ besetzter Begriff und wird nicht selten gar im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Problemen, etwa Hikikomoris gebraucht.